Donnerstag, 7. Februar 2008

In Indien nicht wundern....

...wenn vor dir eine 4-Takt Rikscha fährt die eine große schwarze Wolke ausstößt ein hangeschriebens Schild am Heck hat: "Do not pollut the air"

...wenn du eine Kopie machen willst. Du darfst erwarten, dass ca. 5 Leute an der Kopie beteiligt sind: Eine Person die das Paper auffüllt, eine Person die mitzählt wieviele Blätter in den Kopierer eingezogen werden, eine dritte Person die wahllos Knöpfe drückt und dazu eine Vierte die versucht rauszufinden was kaputt ist nachdem die dritte Person fertig ist mit Knöpfe drücken und eine fünfte Person die allen anderen kluge Ratschläge gibt oder auch mal losschreit.

...beim Essen. Wenn du dich beschwerst, dein Löffel sei dreckig wird der Kellner ihn dir wegnehmen und an seinem Hemd abwischen, dass aussieht und riecht wie 2 Monate nicht gewaschen

...über 16 verschiedene Ausschläge und Krankheiten - die hast du von dem Strassenhund, den du gestreichelt hast

...wenn du etwas dringend brauchst weiche der Person nicht von der Seite (auch nicht auf Klo) bis es erledigt ist - es wird sonst nie etwas

...wenn du eine Email schickst mit dem Betreff "Wichtig". Sie wird abgelegt unter "Lesen, wenn Lust dazu"

...wenn du in Indien im Büro arbeitest. Deine Kollegen werden zwar 12 - 14 Stunden dort sein, allerdings von 13-15h beim Mittag, von 16h-17h beim Tee und ab 18h bei Google oder YouTube.

...wenn du fährst. Ampeln und Strassenschilder dienen rein dekorativen Zwecken. Und suche garnicht erst nach Fahrbahnmarkierungen - es gibt sie nicht und 1s nicht nach vorne gucken kann dein Leben kosten.

...wenn du dich verabredest. Punkt 20h bedeutet so gegen 21:30h wenn du Glück hast

...wenn du dich verläufst. Du kannst 5 Inder fragen nach dem Weg und der Mehrheit folgen und du wirst wahrscheinlich trotzdem nicht ankommen wo du hin wolltest.

...Sauber heisst: Auf den ersten Blick erkennt man keinen groben Schmutz

...Dreckig heisst: Man erkennt die Originalfarbe nicht mehr

...beim Amt. Egal was du möchtest, du musst mindestens 300 Seiten an Dokumenten ausfüllen! Sofort? Nein, wenn du die ersten 50 gebracht hast, schicken sie dich zu einem anderen Schalter, der dich mit 50 neuen wieder nach Hause schickt.

...über Reiseinformationen. Jeder Inder kennt alle Reiseziele und kann dir etwas darüber erzählen. Ein Phänomen, denn du wirst wohl keinen treffen der selbst schonmal ausserhalb der Stadtgrenze war.

Samstag, 15. Dezember 2007

Die Frage nach dem Glück...

Mittlerweile haben wir schon den 15. Dezember...in 6 Tagen geht es für 10 Tage nach Deutschland. Einmal den Magen auskurieren und ein paar ruhige Tage in Bremen verbringen. Lange ist es her, dass ich meinen Blog aktualisiert habe.
Das soll sich nun ändern. Wer allerdings auf spannende Geschichten aus Indien erwartet muss sich noch kurz Gedulden. Der erste Thread an dem heutigen Tag widmet sich einem ganz anderen Thema: Der Frage nach dem Glück! Warum? Dies hat verschiedene Gründe. Bereits im Oktober habe ich mit einem Bekannten über diese Frage nach dem "Was heißt es, glücklich zu sein" geredet und seitdem muss ich immer wieder darüber nachdenken. Desweiteren hat mich ein altes Lied gestern dazu bewogen, endlich mal meine Gedanken zu diesen Themen niederzuschreiben:

Baz Luhrmann - Everybody's free (wear sunscreen)! Den Link dazu gibt es hier: http://www.youtube.com/watch?v=sTJ7AzBIJoI Anhören und vor allem ZUhören und einmal in Ruhe darüber nachdenken.

Kommen wir zur Frage des Glücks zuerst. Die Zusammenfassung schafft es auf ein 6-seitiges Worddokument in Schriftgröße 11 und würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Deshalb werde ich versuchen, dass ganze Thema zusammenzufassen. Erster Ansatz war die Frage was man mit seinem Leben anfangen soll - der von meinem Bekannten benannte Zwiespalt zwischen dem, was er als "Gehaltvoll und Hedonismus" bezeichnet. Der Hedonismus beschreibt ursprünglich die Strömung, die die Lust als höchstes Gut und Bedingung für Glückseligkeit und ein erfülltes Leben sieht. Hier aber steht er simpel für das, was wir heute als "Spassgesellschaft" verstehen. Ich persönlich sehe dies nicht als Zwiespalt. Ich bin der festen Überzeugung, dass Ideale und Hedonismus im Leben eines Menschen wie Yin & Yan funktionieren. Nur wenn sich diese beiden im Gleichgewicht befinden, können wir unser Leben als „erfüllt“ ansehen. Im Hang zum Hedonismus erlangt man irgendwann die Erkenntnis, dass das eigene Leben nie wirklich einen Sinn hatte. Der Hang zu den Idealen wiederum mag einen Menschen irgendwann dazu führen, dass er erkennt, in seinem Leben nie wirklich alle Formen des Glücklich seins erlebt zu haben. Ideale und Hedonismus sind also Gegensätze, deren Ergänzung in der Welt von mir und meinem Bekannten notwendig ist. "In unsere Welt" deshalb, weil die Kinder, die ich in den Farbiken in China beim Arbeiten gesehen habe unsere Form der Spassgesellschaft nicht kennen und wohl auch nie kennenlernen werden. In Bezug auf diesen Teil der Menschheit hinkt der Vergleich deshalb.

Es folgte von meinem Bekannten der Kommentar "...und vielleicht wird mir die kommende Weihnachtszeit bewusst machen, dass es egal ist was man macht solange man glücklich ist."

Sehr wahr, aber irgendwo auch falsch aus meiner Sicht. Einer meiner elementaren Grundsätze ist seit langem: Glücklich sein im Leben ist das Wichtigste. Es ist für mich wie ein Grundnahrungsmittel und ich bin dankbar, dass ich durch meine Eltern und meine Freunde die Möglichkeit habe, ein wirklich unbeschwerliches Leben zu führen mit so vielen Möglichkeiten. Es ist wichtig, dass man dies zu schätzen weiß. Wer sich in Deutschland darüber aufregt, dass er 40% Steuern zahlt, 50 € für die Krankenversicherung oder wiedermal einen Strafzettel bekommt, der hat etwas nicht verstanden. 80% der Inder (aus aktuellem Anlass) wären glücklich, wenn sie ein Gehalt hätten von dem man Steuern abziehen kann, wären froh, wenn sie nach einem Unfall eine Versicherung hätten, die einen Krankenhausaufenthalt deckt und können sich gar nicht vorstellen, das nötige Auto jedemals zu besitzen, um einen Strafzettel überhaupt zu bekommen.

Nur wer wirklich glücklich ist, kann beginnen, dass zu verfolgen, was mein Bekannter als „Ideale“ bezeichnet. Nehmen wir mich: Ich habe mir gesagt: Ich will mit meiner Arbeit etwas bewegen. Ich möchte von dem was ich tue überzeugt sein und das Gefühl haben, dass ich etwas bewege. Wenn ich aber meine Freunde, meine Eltern und mein ausreichendes Gehalt nicht hätte, so könnte ich diesem Ideal nie folgen! Ich kann dies tun, weil ich die elementaren Dinge besitze um zunächst einmal glücklich zu sein! In 10 Jahren vielleicht doch geheiratet habe und ich Kinder habe würde ich in dieser Situation nicht mehr glücklich sein. Deshalb, weil Geld eben doch wichtig ist, und ich meiner Familie ein erfülltes Leben bieten will. Dann würde es für mich nämlich heißen: Job wechseln, die Verfolgung meiner Ideale zumindest teilweise aufgeben und sehen, dass ich eben dieses Geld verdiene. 10 Jahre später, wenn die finanziellen Grundlagen geschaffen sind, könnte ich wieder anfangen, meinen persönlichen Idealen zu folgen. Weil mir die Sicherheit, dass es meiner Familie gut geht und mein Kind alle Möglichkeiten hat in der Zukunft diese eine Art des Glückes gibt, die eben notwendig ist.

Wichtig ist doch: Man muss für sich erkennen, was für einen selbst wirkliches Glück bedeutet? Noch wichtiger ist: Man muss sich immer wieder bewusst sein, dass Glück nicht in einer Form auftritt! NIE! Wenn ich alleine im Restaurant sitze, einen leckeren Wein trinke, mein Lieblingsessen serviert bekomme und Zeit für mich habe, dann bin ich wirklich glücklich. Wenn ich mit meinen Freunden abends weggehe und feiere, dann bin ich auch wirklich glücklich. Wenn ich in Indien mit Durchfall und Magenkrämpfen in einem abgelegenen Dorf umgeben von Armut bin, einem Kind ein Stück Schokolade gebe und es zurück lächelt, genau dann bin ich auch wirklich glücklich. Glück gibt es in vielen Formen, und man kann nicht alle auf einmal haben. Du würdest genauso glücklich sein, wenn dir das Kind ein Lächeln schenkt. Das dir andere Formen des Glücks in diesem Moment fehlen wird dir nicht bewusst. Aus dem guten Grund, dass eine Form des Glücks genauso erfüllend ist, wie all die anderen Formen. Fazit dieser Passage ist also: Glück ist das wichtigste im Leben und Glück tritt in hunderten von Formen auf. Man darf nie Angst habe, etwas aufzugeben, was einen glücklich macht. Es fällt schwer, aber man muss sich bewusst werden, dass durch den Verzicht auf eine Form des Glücks („Ich verzichte auf mein Essen im teuren Restaurant, dafür macht mich das lächelnde Kind glücklich“) eine andere gefunden werden kann und wird! Man kann später auf sein Leben zurückblicken und sagen: Ich war immer glücklich. Oder man kann auf sein Leben zurückblicken und sagen: Ich habe viele verschiedene Formen von Glück erlebt und entdeckt. Und dieses Zurückdenken wird wieder eine neue Form des Gluecklichseins darstellen. Vielleicht eine der letzten im Leben.

Kommen wir zur wahrscheinlich schwersten Überlegung in unserem Leben. Das Aufgeben einer Situation in der man sich seit Jahren wohl fühlt und die einen immer wieder glücklich macht. Ein Berufs- oder Ortswechsel ist hierfür ein häufiges Beispiel. Nehmen wir zur einfacheren Erklärung eines meiner Lieblingsbeispiele: Die Bücher. Jedes gute Buch ist irgendwann zu Ende…es gibt Bücher, die kann man nicht aus der Hand legen. Wenn sie zu Ende sind, möchte man am liebsten von vorne anfangen. Oder aber man steht auf, und wählt aus dem Angebot der Bücherei (hier: der Welt oder dem Leben) neue Bücher. Hier gibt es zunächst vielleicht Fehlgriffe. Aber auf lange Sicht findet man ein Buch, dass auf eine andere Art mindestens genauso spannend ist und einen begeistert. Genauso ist es mit dem Leben. Irgendwann ist ein Teil (hier ein Buch) zu Ende. Auch wenn man es nicht möchte und man denkt: Ich fange diesen Teil einfach nochmal an! Auf Dauer wird dieses Buch langweilig und man merkt: Ich hätte mich früher für ein anderes Buch entscheiden sollen. In unserer Welt als Bibliothek gibt es mehr Bücher als man je lesen kann. Machen wir nicht den Fehler, dass Angebot nicht zu nutzen - lesen wir so viele verschiedene Bücher wie möglich von diesem Angebot. Wir werden es nicht bereuen.

Kommen wir zurück zu den Idealen. Jeder Mensch hat seine eigenen Ideale und diese Ideale ändern sich laufend. Es gibt kein "Jetzt". Betrachten wir alles auf einer Zeitskala (wie es Einstein schon in seiner Frage nach der Gegenwart probierte) so ist das "Jetzt" die Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Genau genommen erhält es dadurch die Ausdehnung "Null". Auf der anderen Seite kann man aber sagen, dass die Gegenwart die Ausdehnung unendlich hat - denn wir befinden uns immer in der Gegenwart und sie ist damit für uns unendlich. Fakt ist, dass sich alles laufend ändert - und damit auch unsere Ideale. Dies gilt es zu berücksichtigen und zu verstehen. Viele Menschen sprechen von großen Idealen - von ihren Träumen in der Welt etwas zu bewegen. Aber was heißt es, etwas zu bewegen? Eine Hilfsorganisation zu gründen? Geschichte schreiben? Einfach nur helfen? Etwas zu tun, auf das man persönlich Stolz sein kann? Ich glaube, es braucht nicht viel etwas zu bewegen. Durch die Frage um meine Meinung zu diesem Thema hat mein Bekannter wahrscheinlich schon mehr bewegt, als er sich bewusst ist. Wann hatte ich die Möglichkeit mir das letzte Mal bewusst zu werden, wie glücklich ich bin und was es für mich überhaupt heißt. Ich habe am 6. Oktober 4 Stunden damit verbracht, die Gedanken aufzuschreiben und mir allem wirklich bewußt zu werden. Mit nur einem Satz, mit dieser einen Frage hat mein Bekannter bei mir sehr viel bewegt. Jeder kann es bewegen und oft sind es die kleinen Dinge die am meisten bewegen.